Energiemanagement in Gebäuden versucht, die Erzeugung und Bezüge von Energie zu lenken oder zu optimieren. Das kann nach verschiedenen Kriterien geschehen. Zum Beispiel mit dem Ziel möglichst wenig CO2 zu produzieren oder mit dem Ziel die finanziellen Energiekosten zu minimieren.

In unserem Projekt der Leuchtturmförderung der Stadt Konstanz versuchen wir in unserer PV Installation den Eigenverbrauch des erzeugten PV Stroms zu maximieren. Also möglichst viel vom erzeugten PV-Strom selbst zu verbrauchen und nicht ins Netz einzuspeisen. Das hilft einerseits uns, weil es dazu beiträgt, dass sich die Investition in die Anlage möglichst schnell amortisiert. Das hilft andererseits aber auch ‚dem Netz‘ (oder den Stadtwerken KN), weil der Strom da verbraucht wird, wo er erzeugt wird und entsprechend weniger Netzkapazitäten für den Transport bereitgehalten werden müssen.
In unserer Installation werden 5 Wohneinheiten, eine Wallbox und eine Wärmepumpe (beheizt 3 Wohneinheiten) von PV-Strom versorgt. Wir haben zur Erhöhung des Eigenverbrauchs mehrere Maßnahmen umgesetzt, die wir im Folgenden beschreiben.
- Installation eines zentralen Energiemanagement Systems
- Anbindung von PV-System, Wärmepumpe und Wallbox
- Gezielte Ansteuerung der Großverbraucher Wärmepumpe und Wallbox
- Sensibilisierung der Wohnparteien für gezielten PV-Strom Verbrauch
Energiemanagement System – Hardware
An irgendeiner Stelle müssen alle Informationen aus den verschiedenen beteiligten Systemen zusammengeführt werden. Dort können diese dann einerseits visualisiert und andererseits für die gezielte Ansteuerung der Großverbraucher genutzt werden.

Wir haben dafür einen Homeassistant Green erworben (ca. 120 €), der die Hardwarebasis zum Betrieb der OpenSource Software Homeassistant liefert.
Energiemanagement System – Software
Die initiale Homeassistant Installation kann erstmal kein Energiemanagement. Über entsprechende Addons und Erweiterungen, können jedoch sehr viele verschiedene Geräte und Schnittstellen angebunden werden. Über sogenannte Automatisierungen können dann basierend auf bestimmten Ereignissen (z.B. hoher PV-Überschuss) Betriebsparameter der konfigurierten Geräte verändert werden (z.B. Leistung der Wärmepumpe).
Unsere gesamte Homeassistant Konfiguration ist für Nachbauwillige in einem Github Repository verfügbar. Es enthält im Verzeichnis ‚packages‘ die für die jeweiligen Komponenten nötigen Konfigurationen und Automatisierungen.
Anbindung PV-System und Wärmepumpe
Als PV-System kommt bei uns ein Fenecon Home-30 zum Einsatz. Dieses bringt eine eigene auf OpenEMS basierende Software mit, die im Fenecon Branding FEMS heißt und die üblichen Monitoring Funktionen zu Erzeugung und Verbrauch mitbringt.

Über diese Software können aber auch per Modbus die Erzeugungs- und Verbrauchszähler sowie Batteriespeichersensoren ausgelesen werden. Die zusätzlich bei uns installierten internen Stromzähler (Socomec 3 phasig) der Haushalte sind an den Modbus des Fenecon Systems angeschlossen. Über eine im Fenecon System bereits integrierte Modbus-TCP Bridge, können diese genauso wie die Erzeugungszähler und Batteriespeicher Sensoren über das Protocoll Modbus-TCP von Homeassistant ausgelesen werden.
Alle Sensoren vom FEMS System, die wir im Homeassistant verwenden sind in der Konfigurationsdatei fems.yaml definiert. Das FEMS System stellt dabei Sensoren für die aktuelle Leistung als auch für die genutzte Energie aller Zähler zur Verfügung.
Um mit dem Heizungssystem (Vaillant arotherm+) zu kommunizieren wurde an den Homeassistant Green ein eBus Adapter angschlossen und dieser mit dem eBus des Heizungssystems verbunden. Die Einrichtung des eBus Adapters ist im Github Repository detailliert beschrieben. Die Ansteuerung über den eBus kommt ohne Cloud Zugriff aus. Alternativ kann auch die Vaillant Cloud Lösung zur Ansteuerung genutzt werden. Die Einrichtung und Konfiguration ist hier etwas einfacher.
Algorithmus
Zur Verwendung des PV-Überschusses haben wir folgenden Algorithmus implementiert:
- Ohne weiteres Zutun lädt das Fenecon System mit PV-Überschuss den Batteriespeicher. Mit PV Überschuss laden wir zuerst den Batteriespeicher bis zu einem Ladestand (SoC) von 20%, damit wir nach dem Einschalten der Großverbraucher bei möglichen Schwankungen der PV-Leistung durch Bewölkung o.ä. einen Puffer zur Verfügung haben.
- Mit Erreichen von 20% SoC soll überschüssiger PV Strom für eine Überheizung des Gebäudes genutzt werden, indem die Raumsolltemperatur der Wärmepumpe von 20°C auf 22°C erhöht wird.
- Mit Erreichen von 30% SoC des Batteriespeichers wird PV-Überschuss zur Ladung von angesteckten eAutos genutzt.
- Sind keine Fahrzeuge zur Ladung verfügbar oder diese voll geladen, wird ab 70% Ladestand des Batteriespeichers der überschüssige PV-Strom für eine Überheizung des Warmwasserspeichers auf 60°C genutzt.
Ansteuerung Wallbox
Die verwendete OpenWB Wallbox kann einfach mit dem Fenecon PV System verbunden werden und sie beherrscht das PV geführte Laden. Das bedeutet, dass die Wallbox den Ladestrom kontinuierlich an den zur Verfügung stehenden PV-Überschuss anpasst.
Die Konfiguration der Wallbox ist weitestgehend selbsterklärend. Um eine Ladung des Batteriespeichers bis 30% zu erreichen bevor die Ladung der eAutos gestartet wird, ist der Lademodus PV-Laden wie nebenstehend zu konfigurieren.

Ansteuerung Wärmepumpe – Gebäudeüberheizung
Mit Erreichen von 20% Ladestand des Batteriespeichers soll die Gebäudeüberheizung gestartet werden. Dazu setzten wir über eine Automatisierung die Raumsolltemperatur des Heizungssystems von 20°C auf 22°C. Die Wärmepumpe erhöht entsprechend die Vorlauftemperatur und sorgt in allen Wohnräumen der 3 Wohneinheiten so für eine höhere Raumtemperatur. Auf diesem Weg wird auch die Gebäudehülle (Mauerwerk, Decken, …) aufgeheizt. Im Massivbau lassen sich so erhebliche Wärmemengen ‚zwischenspeichern‘. Dieser Mechanismus setzt voraus, dass in den Räumen die Heizungsthermostate dauerhaft voll geöffnet sind, damit eine Temperaturerhöhung überhaupt möglich ist.
Die Einschaltung der Gebäudeüberheizung passiert bei uns mit dieser Automatisierung im Homeassistant.
Sollte der Batteriespeicherstand unter 20% sinken, die PV Leistung einbrechen oder die Sonne untergehen, wird die Gebäudeüberheizung mit einer zweiten Automatisierung gestoppt.
Ansteuerung Wärmepumpe – Warmwasserüberheizung
Zusätzlich soll bei Erreichen von 70% Ladestand des Batteriespeichers die Warmwasserüberheizung gestartet werden. Dies geschieht ebenfalls mit einer eigenen Automatisierung: Hierzu wird die Warmwasserzieltemperatur auf 60°C gesetzt und ein maximales Zeitfenster von 120 Minuten für die Aufheizung eingestellt. Allerdings nur unter der Bedingung, dass genügend PV Ertrag vorhergesagt ist und alle Wohnungen warm genug sind um in der längeren Warmwasserbereitungsphase nicht unbehaglich auszukühlen.
Nutzerunterstützung mit Walldisplays
Wir haben in allen Wohneinheiten Walldisplays für die Bewohnenden installiert. Diese sollen zum Einen für Stromverbräuche sensibilisieren (welches Gerät verbraucht eigentlich wieviel) und zum Anderen auch die Möglichkeit geben, Großverbraucher wie Wasch-, Spülmaschine oder Trockner bewusst in Zeiten zu nutzen, in denen möglichst viel PV-Strom zur Verfügung steht.

Dazu wird in der linken Spalte die aktuelle Stromentnahme der Wohneinheit, der Anteil von Netzstrom, der heutige Verbrauch / Kosten angezeigt. Die mittlere Spalte zeigt die aktuelle Leistung der PV-Anlage, die Vorhersage für die nächsten 2 Stunden und den Ladestand des Batteriespeichers.
Eine Beispielkonfiguration für ein solches Walldisplay findet sich hier.
Und was bringt’s?
PV geführtes Laden
Der Effekt der PV geführten Ladung ist in folgendem Diagramm ersichtlich:

Das Diagramm zeigt den Verbrauch (gelb) und die Erzeugung (blau) über einen Tagesverlauf im Januar. Die PV-Strom Erzeugung startet mit Sonnenaufgang gegen 8 Uhr und ab 10 Uhr erzeugt die Anlage deutlich mehr Strom als verbraucht wird. Um ca. 11 Uhr erreicht der Batteriespeicher 30% Ladestand (gestrichelte Linie). Ab diesem Moment startet die Ladung eines eAutos über die Wallbox. Die Verbrauchskurve folgt jetzt sehr genau der Erzeugungskurve bis um ca. 15:30 die PV Leistung zu niedrig wird.
Warmwasser Überheizung
Der Effekt der Warmwasserüberheizung ist in folgendem Diagramm zu sehen:

Das Diagramm zeigt den Verbrauch (gelb) und die Erzeugung (blau) über einen Tagesverlauf im Januar. Die Warmwasserüberheizung war hier noch für einen Start bei 90% SoC konfiguriert. Um ca. 13 Uhr wird dieser Ladestand erreicht und die Warmwasserzieltemperatur wird auf 60°C gesetzt. Erkennbar ist der deutliche ‚gelbe Berg‘ zwischen ca. 13 und 15 Uhr durch den erhöhten Warmwasserbetrieb der Wärmepumpe.
Beim Start der Warmwasserüberheizung dauert es allerdings ein paar Minuten, bis der Kompressor der Wärmepumpe wirklich angelaufen und auf höhere Leistung hochgelaufen ist. In diesen ca. 15 Minuten hat der Batteriespeicher hier bereits 100% Ladestand erreicht, so daß PV-Strom eingespeist wurde. Dies hat uns bewogen, den Startpunkt der Warmwasserüberheizung auf 70% Ladestand des Batteriespeichers zu reduzieren.
Gebäude Überheizung
Die Gebäudeüberheizung ist ein eher langsamer Prozess, deren Effekt nicht so leicht beobachtbar ist. Im März 2025 gab es in der letzten Heizperiode die erste Woche mit nennenswerter Sonneneinstrahlung, in der die Gebäudeüberheizung entsprechend täglich aktiviert wurde.

Das Diagramm zeigt den Verlauf der Wohnungstemperaturen über einen Zeitraum von 14 Tagen Ende Februar bis Mitte März (blau). Über die ersten 6 Tage (28.2. – 5.3.) ist ein kontinuierlicher Anstieg der Wohnungstemperaturen bis ca. 22°C erkennbar.
Gelb eingezeichnet ist die eingestellte Raumsolltemperatur der Heizungsanlage. Der Graph zeigt den tägllichen Sprung auf 22°C mit Einsetzen der Gebäudeüberheizung. Mit untergehender Sonne wird die Raumsolltemperatur jeweils wieder zurückgesetzt. Gleichzeitig erkennt man auch, dass in den Zeiten ohne Sonneneinstrahlung (nachts) die Heizung aufgrund der höheren Wohnraumtemperaturen mit immer niedrigeren Sollwerten läuft (18°C ab 6.März). Die Überheizung des Gebäudes zwischen Sonnenauf- und Untergang geht also mit einer Absenkung der Heizleistung über die Nachtzeiten einher, so dass dort deutlich weniger Strom vom Netz bezogen werden muss.

Das Diagramm zeigt den Verlauf der täglichen Heizkosten, der 1:1 mit der vom Netz bezogenen Strommenge für die Wärmepumpe zusammenhängt. Es ist auch hier erkennbar, wie der Netzbezug der Wärmepumpe nach einigen Tagen deutlich zurückgeht.
Es kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass der hier dargestellte Effekt nicht nur von der Gebäudeüberheizung sondern auch von solaren Gewinnen (Sonneneinstrahlung auf Mauerwerk und durch Fenster) herrührt. In der oben beobachteten Zeit waren in einer der beheizten Wohnungen aufgrund von Abwesenheit die Thermostate fix auf 18°C eingestellt. Die Temperatur in dieser Wohnung (rot) zeigt zwar auch eine leichte Erhöhungen durch solare Gewinne, diese sind aber deutlich geringer als in den überheizten Wohneinheiten:

Insgesamt ist ein Effekt der Gebäudeüberheizung zwar gut erkennbar, die Größe und der Nutzen sind allerdings unter diesen Realbedingungen nicht zuverlässig meßbar, da zuviele äußere Faktoren Einfluss nehmen.
Fazit
Insgesamt funktionieren die Eigenverbrauchsoptimierungen wie geplant. In der Winter- und Übergangszeit vom 1.Oktober bis 31. März ließ sich so eine Eigenverbrauchsquote von 90% erzielen.

Rechnet man die Monate September und April hinzu bleibt immerhin noch eine Eigenverbrauchsquote von 67%:

Insgesamt funktionieren die Optimierungen der Eigenverbrauchsquote wie geplant und können zur Nachahmung empfohlen werden.
Wenn ihr Unterstützung bei einer Umsetzung möchtet, nehmt gerne Kontakt auf oder hinterlasst hier einen Kommentar.
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